Herkömmliche Indikatoren staatlicher Aktivität wie etwa die Maastrichtkriterien können langfristige Wirkungen der Fiskal- und Sozialpolitik nicht ausreichend erfassen. Die heutige Fiskalpolitik exekutiert vielfach Leistungsgesetze, die zum Teil langfristige Konsequenzen zur Folge haben und aufgrund der Wirkung des demografischen Alterungsprozesses auf die umlagefinanzierten Sozialversicherungssysteme oftmals für spätere Zeitpunkte eine starke Einengung des budgetären Handlungsspielraums implizieren. Um solchen Effekten Rechnung tragen und sie statistisch erfassen zu können, wurde Anfang der 1990er Jahre in den USA die Methode der Generationenbilanzierung entwickelt.

Bei dieser Methode werden alle staatlichen Ausgaben und Einnahmen mit Hilfe von altersspezifischen Profilen auf die einzelnen Jahrgänge der Bevölkerung aufgeteilt. Somit ergeben sich für einen repräsentativen Bürger jedes Altersjahrgangs durchschnittliche Zahlungsströme für Steuern, Abgaben und Transfers. Unter der Annahme, dass sich diese individuellen Zahlungsströme in ihrer Struktur nicht ändern, können zukünftige, gesamtstaatliche Ausgaben und Einnahmen unter Zuhilfenahme von Bevölkerungsprojektionen modelliert werden. Aus diesen Berechnungen werden dann entsprechende Indikatoren abgeleitet, um die Fiskal- und Sozialpolitik auf Nachhaltigkeit und intergenerative Verteilungswirkungen zu analysieren. Der barwertmäßige Gesamtbetrag, der aufgewendet werden muss, um den intertemporalen Budgetausgleich herzustellen, wird als Nachhaltigkeitslücke bezeichnet und dient als Indikator für die tatsächliche Staatsverschuldung

Am Institut für Finanzwissenschaft der Universität Freiburg wurden im Verlauf der vergangenen 20 Jahre umfangreiche Forschungsarbeiten zur Generationenbilanzierung durchgeführt, die das Institut zu einer der weltweit führenden Forschungsinstitutionen auf dem Gebiet der fiskalischen Nachhaltigkeitsanalyse werden ließ. Dabei umfassen die Vorarbeiten nationale Generationenbilanzstudien für über 15 verschiedene Länder, in denen die Methode von verschiedenen Institutsmitgliedern maßgeblich und mit vielbeachteter internationaler Resonanz weiterentwickelt wurde. Ferner wurde im Auftrag der EU-Kommission eine internationale Vergleichsstudie am Institut für Finanzwissenschaft erstellt, die auf der Koordination weit über 20 international renommierter Experten basierte. Weitere Studien wurden unter anderem für das Finanzministerium in Norwegen, das Staatssekretariat für Wirtschaft der Schweiz (SECO), den Sachverständigenrat in Schweden, die Regierung des Fürstentums Liechtenstein sowie für das Wirtschaftsministerium in Dänemark durchgeführt.

Betreuende Mitarbeiter: Stefan Seuffert, Karen Rudolph, Sebastian Schultis, Sebastian Stramka

Publikationen aus dem Forschungsbereich Fiskalische Nachhaltigkeit